Newsletter vom 21.5.2021

Liebe Steppenkind-​Freunde!

Der Sandsturm hat in Khaliun gewütet.

Ich habe im Laufe all der Jahre mit einigen von Euch drei oder vier Sandstürme erlebt. Abgesehen davon, dass sie spekta­kulär sind, gehen sie im wahrsten Sinn unter die Haut. Einmal wurden dabei nicht nur die Jurten weggeweht, sondern auch das schwere neue Dach eines Kulturhauses in Biger. Biger Sum liegt etwa 50 Kilometer von Khaliun entfernt. Der Sturm ist teilweise so heftig, dass er einem Erdbeben gleich kommt.

Nun hat der Sturm unseren Projektort getroffen und das flache Ziegelstein-​Haus, in das unsere Textil-​und Filzklassen einziehen sollten, sehr beschädigt. Die Renovierung des Gebäudes würde den Rahmen sprengen.

Deswegen musste ich gestern zähne­knir­schend und traurig den Antrag für die Renovierungskosten der beiden Räume an die Deutsche Botschaft in Ulan-​Bator zurück­ziehen. Er war so gut wie genehmigt.

Und zu allem Übel wird der Botschaftsmitarbeiter, der ein Ohr für die STEPPENKINDER hatte, bald versetzt. Warum? Sein Posten wird aufgelöst, da der deutsche Staat aus der Entwicklungszusammenarbeit mit der Mongolei aussteigt.

Unsere Steppenkinder sind wirklich gebeutelt, nicht nur vom Sturm! Allein diese strengen dauernden Quarantänen – sie durften die Jurten nicht verlassen. Nur der Polizist konnte sich frei bewegen!

Was gibt es Positives?

1. Danke an Euch alle, die in der letzten Zeit gespendet habt, entweder „klassisch“ an die InitiativGruppe auf unser Sonderkonto (siehe Fußzeile) oder auf die Spendenplattform betterplace.org.

Die neuen Reifen für den Traktor sind vollständig und die Stachelbeerpflanzen* wurden inzwi­schen zu 12 % über die Plattform finanziert.

2. Für das Kellerlagerhaus in Altai City erhielten wir von der Max-​Planck-​Stiftung 16.000 Euro und die Stiftung des Auswärtigen Amtes gewährte uns ungefähr 3.000 Euro für die Holzbalken.

Heute habe ich 2/​3 der Kosten überwiesen. Der Bau beginnt wie geplant im Juni. Nach Beendigung folgt das letzte Drittel. Die Aimag-​Behörde beteiligt sich mit 2.500 Euro. Der Rest wurde von Euch, den treuen privaten Spendern aufgebracht.

Dieses große Lagerhaus fasst 100 Tonnen und kostet ca. 38.400 Euro. Es ist auch Ausdruck der wachsenden Autonomie unseres Projektpartners.

3. Im kommenden Jahr wird die Regierung ein Wohnheim für 100 Kinder bauen. Das heißt, Khaliun hat im Gobi-​Altai-​Aimag eine wichtige Rolle einge­nommen. Das alte Wohnheim reichte höchstens für 60 Kinder. Es wird 2022 frei und der NGO zur Verfügung gestellt.

Unsere Projektleiterin Enkhtuya will dort das Büro der NGO und die Lehrgangsklassen für Textil, Filz und Gemüseanbau unter­bringen. Auch diese Räume müssen renoviert werden. Wir werden vermutlich wieder einen Antrag an die Botschaft stellen, damit die Kosten aufge­teilt werden.

Zu Eurem Verständnis:

Wenn das Wohnheim für die Internatskinder vergrößert wird, bedeutet das:
Khaliuns „Schulzentrum“ hat einen guten Ruf.

Die mobilen Viehzüchter wissen ihre Kinder, die sie oft schweren Herzens in die Schule schicken, dort gut aufgehoben.

Das führt nicht zur Auflösung der mobilen Viehzucht! Diese ist nach wie vor eine sehr wichtige Wirtschaftsform in der Mongolei und entspricht den geolo­gi­schen Gegebenheiten. Allerdings gibt es auch hier das Problem der Überweidung, verur­sacht durch Klimawandel und unkon­trol­lierte Vergrößerung der Herden.

*Anmerkung zur Stachelbeer-Plantage

Die Stachelbeerpflanzen eignen sich sehr gut für Klima und Böden in der Halbwüste. Wir haben sie auf unseren Reisen wild wachsend gesehen.

Die Anpflanzung wird nur 0,5 Hektar groß sein und die Kosten können wir mithilfe einer sehr großen Spende von Helga, vielleicht einer weiteren einer Stiftung (Antrag wurde gestellt) und unseren eigenen Mitteln finan­zieren. Dazu gehören nicht nur Pflanzen, sondern auch andere Materialien und Löhne.

Die ursprünglich anvisierte Vergrößerung der Plantagen um zwei Hektar könnten wir nicht durch Stiftungen und private Spenden bestreiten.

Eine finan­zielle Unterstützung durch das deutsche BMZ (Bundesministerium für wirtschaft­liche Zusammenarbeit und Entwicklung) kommt nicht in Frage, weil bei Anträgen die Nachhaltigkeit nach einem Jahr Projektlaufzeit konkret in Zahlen anzugeben wäre. Es dauert jedoch mehrere Jahre, bis Obstbäume und Büsche dieser Art (Sanddorn, mongo­li­scher Apfel, Aronia) Früchte tragen.

Der Wind weht, wohin er will.

Seid alle herzlich gegrüßt und wunderbare Pfingsten!
Sibylle