Newsletter vom 30.3.2022
Liebe Steppenkind-Freunde,
in diesem Newsletter schaue ich zurück und möchte euch von den Reiseerfahrungen unserer Gruppe in der Mongolei in den Jahren 2003 bis 2019 berichten.
Wir waren mit dem Zelt unterwegs und wurden oft von unerwarteten Wettereinbrüchen überrascht. Starkregen, Schnee, extreme Kälte und (Sand)Stürme, darauf muss man in der Mongolei gefasst sein. Zeitweilig war das Zelten und sogar der Aufenthalt im Freien unmöglich. Der zunehmende Klimawandel sorgt verstärkt für diese Wetterlagen, von denen die Mongolei besonders betroffen ist.
Immer wurde uns von Nomadenfamilien in selbstverständlicher Weise geholfen. Egal ob es um eine Wege-Auskunft, Übernachtung, Wasser oder Hilfe beim Herausziehen von Fahrzeugen ging, mit denen wir beim Überqueren von Flüssen oder Sandbänken stecken geblieben waren. Die selbstlose Gastfreundschaft der Mongolen ist beispiellos und manchmal ergreifend. Sie gehört untrennbar zur Kultur dieses Nomadenvolkes.
Wir konnten in der Not jederzeit in ihrer Familien-Jurte mit übernachten. Oder sie wichen zu Verwandten in eine benachbarte Jurte des Ails aus (Ail: drei bis vier Jurten, die zusammenstehen). Morgens sehr früh kam die Hausfrau und machte Feuer im Jurten-Ofen mit getrocknetem Dung, der sogar gut riecht, und setzte Wasser für den Milchtee auf. Der Grad an Gemütlichkeit lässt sich kaum überbieten.
Wenn wir uns schließlich auf den Weg machten, sprach die Hausfrau hin und wieder einen Reise-Segen, indem sie mit einem speziellen geschnitzten Holzlöffel Milch in alle vier Himmelsrichtungen versprengte.
Eine Ausnahme gibt es: Sobald ein Neugeborenes in der Jurte war, mussten wir verständlicherweise weiterziehen.
Stets konnten wir die Hausfrau einer Jurte fragen, ob wir wegen des Wetters für die Gruppe – oft 10 bis 12 Personen – in ihrer Jurte kochen durften. Das war nie ein Problem. Sie kredenzte uns allen sogar einen Milchtee und wenn noch vorhanden Aruuls (getrockneten Quark) und Fettgebäck.
Manchmal waren die Gruppen sehr groß. Dann kamen wir in Schlafräumen eines Internats unter oder in einem kleinen verlassenen „Negdel-Gebäude“ (ehemaliges Kolchose-Gebäude). Dort gibt es manchmal einen sogenannten Kang, eine Art niedriges Stein-Podest, das geheizt werden kann. Wir lagen darauf wie die Heringe und schliefen himmlisch, obwohl umgeben von frisch geschlachteten Schafen und Ziegen, die in dem Raum zum Trocknen hingen.
Im Juli finden die Nadaam-Feste überall in der Mongolei statt. Auf dem Land oft auch noch später. Wir waren häufig bei den Pferderennen dabei und haben gestaunt, dass nicht nur das Sieger-Pferd ausgezeichnet wurde, sondern auch selbstverständlich das letzte Pferd und sein kleiner Reiter. Die Reiter sind immer Kinder von 5 bis 10 Jahren.